Im Interview Tscheggo und DJ Mort aus Limburg. Sie stehen für freshe Beats, u.a. auf Hessisch, und waren wiederholt beim Dreckigen Dutzend und den Aerosol Queens zu Gast.

    Dein Künstlername ist Tscheggo. Woher kommt der Name?

    (lacht) Das ist ‘ne Ableitung meines Spitznamens „Sebbo’’. Das war mein Künstlername, als ich anfing mit rappen. L.O.C hat mich zu Hustlenutz Zeiten irgendwann mal Tscheggo genannt, weil ich nicht nur meine, sondern auch alle Texte der anderen MC’s auswendig konnte. Er schrieb mich damals über MySpace an und fragte mit den Worten: „ Ey, Tscheggo“ ob ich noch einen seiner Parts im Kopf hätte, weil er nicht mehr alle Lines davon auswendig wusste. 

    Seit wann rappst Du und wie kamst Du dazu?

    Ich habe so gegen 2005 angefangen mit Rap. Es gab ein paar Freunde in meinem Umfeld und im Kalkwerk* die immer mal Freestyles gekickt haben. Irgendwann bin ich dann mit auf die Sessions gegangen und hab auch damit angefangen. Genug zu erzählen hatte ich ja, schon immer. (lacht) 

    Das ging ein paar Jahre so weiter bis ich anfing eigene Texte zu schreiben und dann 2008 bei Hustlenutz eingestiegen bin, um sowas auch Live in einer Crew zu machen.

    Du rappst in Deinen Texten u.a. auf Hessisch. Willst Du damit bewusst auf Deine Sprache aufmerksam machen oder ist es „nur“ ein Stilmittel?

    Tscheggo:

    (lacht) Ich habe es bei einem Text als Stilmittel benutzt, weil ich einfach Lust darauf hatte. Dazu muss ich sagen, dass die Inspiration aus der Gegend kam, in der ich aufwuchs und weil in meiner Familie sehr viel „Platt geschwätzt“ wurde. Ich finde es gut, wenn man hört, wo die Leute herkommen. 

    Dj Mort:  

    Ich Rap nich …aber so redet man hier. (lacht)

    Du trittst i.d.R. zusammen mit DJ Mort auf? Wie kamt Ihr zueinander?

    Tscheggo:

    Ich habe Dj Mort Mitte der 90er durchs Skaten an der Puste* kennengelernt. Da war das mit dem Mukke Ding aber noch kein Thema für mich. Ich fand da Skaten wichtiger. Er war damals mit Board da und ich habe ihn deswegen angesprochen und mich mit ihm „unterhalten“. (lacht) 

    Gegen 2005 habe ich ihn dann im Kalkwerk* bei den Freestyle Sessions an den Turntables wieder gesehen und dort gerappt, bis wir dann von 2008-2012 zusammen bei Hustlenutz gespielt haben. 

    Nach dem sich Hustlenutz trennte fing ich an Solo Pojekte zu machen und dafür selbst Beatz zu bauen. Dj Mort ist nach der Hustlenutz Geschichte bei Aliance eingestiegen. Eine Band die auch im Kalkwerk* geprobt hat. Das war so um 2013 rum meine ich. Da hat man sich zwischendurch immer mal gesehen. 

    Ich glaube so 2018 haben wir uns dann mal im Kalkwerk* wieder gesehen und mal übers „Mukke machen“ gebabbelt. Ich erzählte ihm, dass ich jetzt Beatz mache und fragte ihn ob er Bock hätte sich den Kram mal anzuhören. Wir verabredeten uns und dann kam eins zum anderen. Die regelmäßigen Treffen und Sessions, die wir dann gemacht haben, waren Obergeil weil immer neue Ideen dazu kamen. Vieles wurde dann auch fester und wir entschieden uns wieder zusammen rauszugehen, um die Sachen Live zu spielen.

    Dj Mort: 

    Ja, kennengelernt haben wir beide uns schon weit vor der Musik, Mitte der 90er beim Skateboard fahren an der Puste*. Als Tscheggo angefangen hat mit Rap, das dürfte gegen 2005 gewesen sein, war ich schon länger als DJ in einer Crew im Kalkwerk* unterwegs. Nach ein paar Jahren Freestyle Sessions in unserem damaligen Raum haben wir dann gemeinsam mit noch 4 anderen Leuten von 2008-2012 unter dem Namen Hustlenutz Musik zusammen gemacht. Nach dieser Zeit trennte sich die Crew und jeder von uns ging eigene musikalische Wege. Man sah sich jedoch immer wieder mal im Kalkwerk oder auch in der Stadt.  Es dürfte so gegen 2018 gewesen sein als wir uns mal wieder gesehen und über das Thema „Musik machen“ gesprochen haben. Daraufhin verabredeten wir uns, um mal wieder Zeit miteinander zu verbringen und uns auszutauschen. Im Anschluss gab es dann mehrere Treffen, bei denen wir beide zusammen gejammt haben. Danach beschlossen wir wieder gemeinsam Musik zu machen. Seit dieser Zeit sind wir wieder Live zusammen unterwegs.

     

    Woher kommt Ihr und was geht in Eurer Umgebung Rap- und HipHop mäßig?

    Tscheggo:

    Ich komme ursprünglich aus Niederweyer einem ganz kleinen Stadtteil von Hadamar was ungefähr 10 km weit weg ist von Limburg. Ich bin, sozusagen „en Ogeplackte“ aus dem Umkreis von Limburg. (lacht)

    Hip Hop mäßig ging meiner Meinung nach in Limburg früher viel ab. Vor allem wegen der großen Skatehalle in Staffel und der Puste* im Stadtkern von Limburg. Da war Mitte der 90er sehr viel Skaten und Graffiti. Als ich 2005 mit Rap anfing, habe ich neben der Musik das Graffiti Ding intensiver mitbekommen, weil mehrere Leute aus meinem Umfeld gemalt haben. An den Wänden Richtung Kalkwerk*, der Autobahn und den Zügen ist es auch heute noch deutlich zu erkennen. (lacht) 

    Hip Hop hat sich seit den 90ern nicht nur bei uns, sondern überall sowohl gewandelt als auch entwickelt. Es gibt hier Leute, die sich auch aktuell noch für Graffiti engagieren. Das sind z.B die Jungs vom Nachtaktiv Magazin, die das auch auf ihrem Instagram Kanal (https://www.instagram.com/nachtaktiv.mag/) sehr anschaulich dokumentieren. Generell sehe ich in unserer Gegend leider wenig Möglichkeiten und Interesse für Hip Hop Jams oder Open Mic Cyphers die regelmäßig stattfinden. Dennoch bin ich dankbar dafür, dass wir hier vereinzelt kleine Veranstaltungen machen können und für alle Besucher/innen sowie Künstler/innen, die dort hinkommen bzw. auftreten.

    Dj Mort: 

    Ich komme aus Limburg. Was das Hip Hop Ding angeht war Graffiti Anfang der 90er Jahre hier stark vertreten bzw. wesentlicher Bestandteil des Umfeldes. Man sah es hier auf Wänden, Stromkästen, Zügen, eben überall wo es ging. Gegen Mitte/ Ende der 90 bekam ich durch die Pusteblume* viel von der Szene mit, die dieses Jahrzehnt prägte. HipHop war zu dieser Zeit hier in der Gegend eine Jugendkultur. Die Puste* war der Meeting Spot für Skater, Sprüher und Rapper. Die Graffiti Künstler waren hier recht bekannt, weil sie auch viele Aufträge gemalt haben. Das Kalkwerk* hatte gegen 1999/ 2000 mehrere Gruppen von DJs und Rappern die dort Musik gemacht haben. Zu dieser Zeit habe ich mir auch Turntables gekauft und angefangen selbst Musik zu machen. Seitdem lege ich für Rapper oder auf Partys auf. Die generelle Entwicklung der Szene in Limburg ist natürlich, schon zurückgegangen. Was zum einem an der älteren Generation liegt, die auch durch Familie, Kinder, etc. nicht mehr so viel Zeit wie früher hat. Zum anderen am fehlenden Nachwuchs sowie am Mangel der Spots und auch der Förderung dieser Kultur liegt. Ich habe jedoch nicht den Eindruck das Hip Hop aus der Gegend verschwunden ist. 

    Ist Dir oder Euch die klassische Kombination der „4 Elemente“ des HipHops wichtig?

    Tscheggo:

    Ich für meinen Teil kann dazu nicht viel sagen, da ich es erst sehr spät mitbekommen habe. Zumindest in der Form von Jams. Hip Hop, war für ich erstmal nur eine Musikrichtung. Ich habe später erst verstanden, dass Breakdance, Rap, Graffiti und DJing dazugehört. Ich sehe es auch so wie Dj Mort. Es ist wichtig zu wissen das die 4 Elemente zusammengehören und wo sie ihren Ursprung haben. 

    Dj Mort: 

    Das ist eher so’n Oldschool Ding, über das ich mir nicht so viel Gedanken gemacht habe. Es ist schon wichtig zu wissen, dass die 4 Elemente zusammengehören. Ich habe in den 80ern den Anfang von Breakdance im Fernsehen durch Filme wie,,Wildstyle“ mitbekommen. Generell waren Breaker hier in der Gegend Anfang der 80er schon vertreten. Jedoch ebbte es hier nach einiger Zeit ab und fand dann eher in den größeren Städten um uns herum statt. Stärker vertreten waren hier bei uns eher Graffiti, Rap und Djing was ich auch eher durch’s Skaten bedingt kennenlernte. Da hatte man an der Puste* und im Kalkwerk* eher den Kontakt zu den Leuten, die das schon kannten bzw. gemacht haben. Mir war zu dieser Zeit schon klar, was die 4 Elemente sind und wo der Ursprung war. 

     

    Hast Du Vorbilder? Und wenn ja, welche?

    Tscheggo:

    Kommt auf die Perspektive an. 

    Da gibt es im privaten z.B. Freunde oder meinen Großvater die in jungen Jahren schon einen genauen Plan von dem hatten, was sie machen wollen und ihn dann auch in die Tat umgesetzt haben. Teilweise allen Hürden zum Trotz. Das fand ich persönlich immer sehr beeindruckend. Im Künstlerischen sehe ich das ähnlich. Es gibt nur wenige deren künstlerisches Schaffen mich berührt. Meist sind es diejenigen die ihre Lebenserfahrungen in ihrer Musik verarbeiten und daraus ihre Kunst formen. 

    Dj Mort:  

    Invisibl Scratch Piklz,  The X-Ecutioners , Dj Craze, Beatjunkies 


    Wer oder was inspiriert Euch?

    Tscheggo:

    In aller erster Linie meine Freunde und meine Familie die mir Kraft geben. 
    Des Weiteren alle, die Bock haben etwas zu bewegen. Die Hip Hop Kultur und alle Erlebnisse und Erfahrungen die ich bis heute sammeln konnte. 

    Dj Mort:  

    Maler und Rapper aus meiner Gegend, alle die mit Hip Hop und der Kultur an sich etwas anfangen können, es umsetzen und/ oder leben. Am meisten inspirieren mich jedoch meine Vorbilder und die Technics DMC Championships. Ich habe davon so viel gelernt, weil es hier damals die einzige Quelle war. Es gab zu dieser Zeit noch kein Internet/ YouTube. Die ganzen alten Videos bei denen noch komplette Sets mit Vinyl aufgelegt wurden pushen mich heute noch. 

     

    Was bedeuten Jams für Dich heutzutage? 

    Tscheggo:

    Auf jeden Fall, dass es hier die Möglichkeit gibt sich unter den Künstler/innen kennenzulernen, auszutauschen und zu vernetzen. Es ist auch immer eine gute Gelegenheit sich Graffiti reinzuziehen und zu sehen, wie die Bilder entstehen. Man kann sich beim Zuschauen entspannen und die Kunst genießen. 

    Dj Mort:

    Das ist für mich alles. So hat es anfangen und ich finde es immer wieder schön zu sehen, dass es Leute leben und dort zusammenkommen, um sich auszutauschen. Es ist sehr wichtig solche Veranstaltungen durchzuführen und dadurch Räume für die Community zu schaffen. 

     

    Zwei, drei Worte zum "Dreckigen Dutzend"?

    Tscheggo:

    Richtig gute Veranstaltung. Auf jeden Fall hingehen, um sich das anzuschauen. Was hier gezeigt wird ist einmalig. 

    Dj Mort: 

    Eine sehr coole Veranstaltung. Was hier auf die Beine gestellt wird, wie es vernetzt ist, wer und was dort an Künstlern zusammenkommt, ist nicht in Worte zu fassen. Das muss man unbedingt gesehen haben, auch wenn man nicht aus Szene kommt. Einfach unglaublich.

     

    *Kalkwerk:
    Stillgelegtes Kalkwerk zwischen Limburg und Diez. Hier ist der Kultur- und Jugendförderkreis e.V Diez ansässig, gestaltet das Gelände und stellt Proberäume/ Ateliers/ Werkstätten für Musikschaffende, Kulturschaffende und Handwerkende zur Verfügung.

    *Pusteblume,Puste:
    Einmaliger Platz vor dem Limburger Rathaus, dessen Brunnen, wenn er im Sommer Wasser spritzt, so wie eine Pusteblume aussieht. Sehr lange Zeit Meeting Spot für Skater, Sprüher, Rapper und andere Subkulturen.